Professur

1. Aufgabe des Faches Fundamentaltheologie

Der Fundamentaltheologie kommt die Aufgabe der rationalen Verantwortung des Glaubens zu. In der Vielfalt der theologischen Einzelfächer hat sich die Fundamentaltheologie der Frage nach der Vernünftigkeit des Glaubens zu stellen. Erst wenn diese Frage geklärt ist, können die exegetischen, historischen, systematischen und praktischen Fächer der Theologie ihre Arbeit beginnen.
In diesem Sinn ist der Name Fundamental-theologie wörtlich zu nehmen. Die Fundierung der Rationalität des Glaubens leistet die Fundamentaltheologie zugleich nach zwei Seiten hin.
1. Nach innen hin legt die Fundamentaltheologie das rationale Fundament für die Theologie als Glaubenswissenschaft. Diese Grundlagenreflexion erarbeitet sie im Rahmen derjenigen wissenschaftstheoretischen Standards, die innerhalb der „scientific community” generell gelten.
2. Nach außen hin reflektiert die Fundamentaltheologie den Gottesglauben unter den Anforderungen moderner Wissens- und Lebenskontexte. Sie begibt sich damit in offenen Diskurs mit allen relevanten Wissenschaftszweigen. Im Spiegel eines zweitausendjährigen reflektierten Lebens- und Erfahrungswissens entwickelt sie den Glauben auf Zukunft hin.
Sensibilität für die Fragen der Zeit, Folgerichtigkeit in der Argumentation, Kreativität im Lösen von Problemen sowie Beharrlichkeit im religiösen Standpunkt selbst gehören daher zum Ethos der Fundamentaltheologie, auch der Mut, die eigenen Glaubensüberzeugungen innovativer Kritik auszusetzen und über sie nachzudenken. Damit leistet die Fundamentaltheologie eine je neu angeforderte theologische Pionierarbeit im Fluss sich wandelnder Wissens- und Lebenskontexte.

2. Geschichte des Faches Fundamentaltheologie

Zur biblischen Begründung der Rationalitätsforderung des Glaubens beruft sich die Fundamentaltheologie auf die Petrusbriefstelle: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt” (1 Petr 3,15). Tatsächlich ist die Sache der Fundamentaltheologie so alt wie die Bibel. Religiöser Glaube trat immer mit dem Anspruch vernünftiger Wirklichkeitsdeutung und Lebensorientierung auf. Trotzdem etablierte sich die Fundamentaltheologie als eigenständige theologische Disziplin erst im 19. Jahrhundert. Der Tübinger Theologe Johann Sebastian von Drey (1777-1853) gehört zu den Begründern des Faches Fundamentaltheologie. Nach dem Zerbrechen des christlich geschlossenen Weltbilds und angesichts moderner Religionskritik, einsetzender Naturalismusdebatte und Säkularisierungsprozesse gewann die Forderung nach rationaler Verantwortung des Glaubens eine bisher nicht gegebene Dringlichkeit.

3. Themenfelder moderner Fundamentaltheologie

Für den inhaltlichen Aufriss der Fundamentaltheologie war das Schema der drei Traktate Religion, Offenbarung und Kirche in Gebrauch. Es wurde ergänzt durch den vierten Traktat über Glaube und Vernunft. Diese Konzeption spiegelt das apologetische und kontroverstheologische Anliegen der älteren Fundamentaltheologie wider. Heute erweist sich dieses Schema als zu eng. Auch sind die theologischen Denkvoraussetzungen selbst andere geworden. Die neueren theologischen Glaubensfragen lassen sich in diesem älteren Schema weder sinnvoll abbilden noch adäquat behandeln. Moderne Fundamentaltheologie weiß sich interdisziplinär und interreligiös ausgerichtet. Ein Glaube, der sich auf Augenhöhe und im Wissenskontext der Zeit bewegt, muss sich auf diese neueren Fragedynamiken einlassen, die aus der interdisziplinären Vernetzung der Wissenschaften, aus der Begegnung der Religionen sowie aus dem aktuellen Lebensgefühl resultieren. Das macht die fundamentaltheologische Arbeit zwar nicht leichter, dafür aber umso bedeutsamer.
Mit dieser Neuausrichtung lassen sich die Thematiken der Fundamentaltheologie unter die drei Rubriken (1) fundierender, (2) interdisziplinärer und (3) interreligiöser Problemfelder bündeln.

(1) fundierend: Glaube und Vernunft
- theologischer Glaubensbegriff
- erkenntnistheoretischer Vernunftbegriff
- wissenschaftstheoretische Grundlegung von Theologie als Wissenschaft
- traditionelle Theologiekonzepte
- Anforderungen moderner Gegenwartstheologie
- theologische Argumentationstypen
- Theologie und Kunst

(2) interdisziplinär: Gottesfrage im Kontext moderner Wissenschaft
- Gottesbeweise
- neuere Glaubensargumente
- Theodizeeproblem
- Religionskritik
- Epistemologie religiöser Erfahrung
- Theologie und Naturwissenschaft
- Bewusstseins-Hirn-Problematik

(3) interreligiös: Gottesfrage im Kontext der Weltreligionen
- Religionsbegriff
- Offenbarungsverständnis
- Gottesvorstellungen und Weltreligionen
- Theologie der Religionen
- Dialog der Religionen

4. Angebotene Studiengänge

Diese thematische Neuakzentuierung wird in den fundamentaltheologischen Lehrveranstaltungen des hiesigen Instituts für „Fundamentaltheologie und Religionswissenschaft” bewusst wahrgenommen und umgesetzt.

Das Fach wird in folgenden Studiengängen angeboten.

Studierende, die nach einem nicht modularisierten Studiengang mit Abschlussziel Diplom oder Staatsexamen studieren, studieren nach folgendem Zyklus:

SS FTh I Theologie als Wissenschaft 2-std. Diplom
WS Relphil I Gibt es Gott? 3-std. Diplom + LA
SS Relphil II Was ist das eigentlich, Gott? 2-std. Diplom
WS FTh II Wie lässt sich Gott erkennen? 3-std. Diplom + LA

Studierende des modularisierten lehramtsbezogenen Bacherlor- bzw. Masterstudiums, also Studierende mit Abschlussziel B.Ed., bzw. M.Ed., studieren nach folgendem Modulzyklus.

WS Modul 1 Theologie als Wissenschaft 1-std. 1 LP (Pflicht)

LA Lehramt (B.Ed.)

WS

Modul 2 Offenbart sich Gott? 2-std. 2 LP (Pflicht) (B.Ed.)
SS Modul 6 Das Christentum und die Weltreligionen 2-std. 3 LP (Pflicht) (B.Ed.)
WS Modul 11 Vertiefende Vorlesung 1-std. 1 LP (Wahlpflicht) (M.Ed.)

Studierende des modularisierten Magisterstudiengangs, also Studierende mit Abschlussziel Magistra bzw. Magister Theologiae, studieren nach folgendem Zyklus:

WS

Modul 3 Theologie als Wissenschaft 2-std.

3 LP

SS Modul 6 Anthropologie 2-std.

3 LP

WS

Modul 7 Gottesbilder in den Religionen 2-std. 3 LP

SS

Modul 14 Das Christentum und die Weltreligionen 2-std. 3 LP

WS

Modul 19 Vertiefende Vorlesung I 1-std. 1 LP

WS

Modul 19 Vertiefende Vorlesung II 2-std. 3 LP